Testbiotech veröffentlicht Gutachten zur Stärkung der unabhängigen Risikoforschung

Ausreichende Anreize für Forschung und Partizipation der Zivilgesellschaft als wichtige Eckpunkte
Montag, 20. August 2018

20. August 2018 / Testbiotech veröffentlicht heute ein Rechtsgutachten, das sich mit den
rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen einer Förderung der unabhängigen
Risikoforschung im Bereich der Gentechnologie befasst. Wichtige Eckpunkte des
Rechtsgutachtens sind: (1) Der Staat ist dazu verpflichtet, eine systematische und
vorsorgeorientierte Forschung zu etablieren. (2) Zur Erfüllung dieser Aufgabe wäre die
Erhebung einer sogenannten nicht-steuerlichen Sonderabgabe gerechtfertigt, die die Industrie
in die Pflicht nimmt. (3) Bei der Vergabe der Mittel eines entsprechenden Fonds kann ein
Beirat, dem beispielsweise Verbraucher- und Umweltschutzverbände angehören, beteiligt
werden.

Wie das Gutachten zeigt, ist die gesetzlich geforderte Unabhängigkeit der Risikoforschung im
Bereich der Gentechnik derzeit kaum erreichbar, da viele Wissenschaftler und Experten u.a. über
Drittmittelforschung mit der Biotech-Industrie verbunden sind. Auch staatliche Forschungsprogramme
haben in der Regel ein vorwiegendes Interesse an Technologieentwicklung und
Förderung von Innovation. Im Ergebnis ist die Balance zwischen den Vermarktungsinteressen der
Industrie und den Zielen eines vorbeugenden Schutzes von Mensch und Natur erheblich gestört.

Das Gutachten zeigt, wie geeignete Anreize für eine verbesserte Risikoforschung geschaffen
werden können, um Umwelt- und Verbraucherschutz zu stärken. Ein Entwurf des Gutachtens wurde
bereits 2017 auf einem Workshop in Berlin präsentiert, an dem u.a. Abgeordnete des Bundestages
sowie Mitarbeiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in
Karlsruhe teilnahmen.

Anlass für die Veröffentlichung des Gutachtens ist die Diskussion rund um die „Fachstelle
Gentechnik und Umwelt“. Dieses Projekt soll helfen, einige Lücken im Bereich der vorsorgeorientierten
Risikoforschung zu schließen. Dafür werden vorhandene Publikationen und die aktuelle
Entwicklung konsequent unter der Perspektive des Vorsorgeprinzips und dem Schutz von Mensch
und Umwelt bewertet. Das Forschungsprojekt ist auch im Hinblick auf Partizipation der
Zivilgesellschaft ein wichtiges Pilotprojekt.

„Die Einmischung der Zivilgesellschaft stößt nicht überall auf Zustimmung. Derzeit sehen wir in
den sozialen Netzwerken und sogar manchen Medien den Versuch, Testbiotech deswegen zu
diffamieren. Man versucht, uns mit der Gentechnik-Lobby auf eine Stufe zu stellen“, sagt Christoph
Then für Testbiotech. „Aber wir haben in den letzten zehn Jahren die Erfahrung gemacht, dass die
Risiken der Gentechnik eben nur dann genauer untersucht werden, wenn die Zivilgesellschaft sich
einmischt.“

Allerdings zeigt das Gutachten auch, dass in Zukunft weitergehendere Maßnahmen ergriffen
werden müssen, um die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer systematischen und
vorsorgeorientierten Forschung zu erfüllen. Nur ausreichend ausgestattete Forschungsprogramme
könnten einen nennenswerten Anreiz ausüben, so dass die etablierte Forschung sich stärker mit
Risikofragen beschäftigt. Von entsprechenden Anreizen würden auch der Staat und die Behörden
profitieren: Auch die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat bereits mehrfach beklagt, dass es
schwierig ist, Experten zu finden, die die nötige Expertise, gleichzeitig aber keine Verbindung zur
Biotech-Industrie haben.

Kontakt: 

Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org