Interessenkonflikte: EU-Ombudsfrau empfiehlt mehr Transparenz

Beschwerde gegen Umgang der EU-Kommission mit Risikoforschung
Freitag, 5. August 2016

Die europäische Bürgerbeauftragte (EU-Ombudsfrau), Emily O’Reilly, hat über eine Beschwerde von Testbiotech entschieden. Diese richtete sich gegen den Umgang der EU-Kommission mit Interessenkonflikten im Zusammenhang mit der staatlich finanzierten Risikoforschung. Dabei kam sie zwar zu dem Ergebnis, dass der EU-Kommission kein offensichtliches Fehlverhalten nachzuweisen sei. Gleichzeitig unterstützt sie aber wesentliche Anliegen von Testbiotech: Die EU-Kommission solle ihre Entscheidungen bezüglich der Vermeidung von Interessenkonflikten ausführlicher begründen. Zudem sollten in Zukunft auch die Namen von Experten und deren Interessenerklärungen veröffentlicht werden, die an der Bewertung von EU-Forschungsprogrammen beteiligt sind.

In der Beschwerde geht es um das EU-Forschungsprojekts GRACE, das mit öffentlichen Geldern finanziert wurde und die Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen untersuchen sollte. Die Beschwerde wurde im März 2015 eingereicht. Testbiotech hatte zuvor mehrfach darauf hingewiesen, dass das Umfeld des Projekts den Eindruck einer industrienahen Vetternwirtschaft erweckt. Im November 2015 hatte Testbiotech zudem gezeigt, dass weitere EU-Projekte in diesem Bereich ganz ähnliche Probleme aufweisen. Die EU-Kommission hatte die Vorwürfe von Testbiotech zurückgewiesen, ohne dabei ins Detail zu gehen. Geht es nach dem Urteil der Bürgerbeauftragten, müsste sich das in Zukunft ändern.

„In der EU leidet die Risikoforschung an gentechnisch veränderten Organismen oft unter einer starken Befangenheit. Die Abhängigkeiten von der Industrie sind vielschichtig. Es geht längst nicht nur um konkrete Zahlungen an bestimmte Personen. Auch intellektuelle Befangenheit, die Mitarbeit bei industrienahen Einrichtungen und der Kampf um Fördermittel üben einen großen Einfluss aus,“ sagt Christoph Then für Testbiotech. „In Wirklichkeit hat der Schutz von Mensch und Umwelt hier keine Priorität.“

Von Problemen mit Interessenkonflikten sind nicht nur einzelne Forschungsprojekte, sondern auch Forschungseinrichtungen und relevante EU-Behörden betroffen. Auch die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA bekommt diese Probleme bisher nicht in den Griff. Erst jüngst hatte der Chef der Behörde, der Österreicher Bernhard Url, vorgeschlagen, nur noch dann von Interessenkonflikten auszugehen, wenn beispielsweise direkte Zahlungen von der Industrie nachgewiesen werden, eine „intellektuelle Befangenheit“ hingegen solle ignoriert werden.

„Diese Probleme werden durch Wegsehen oder schlichtes Leugnen nur noch größer“, sagt Christoph Then. „Es ist Zeit für einen Wechsel. Wenn die Empfehlungen der EU-Ombudsfrau umgesetzt werden, könnte dies ein wichtiger erster Schritt sein. Wir müssen verhindern, dass die Wissenschaft immer stärker von der Industrie instrumentalisiert wird. Außer Transparenz brauchen wir dazu strikte und klare Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten.“

Kontakt: 

Christoph Then, Tel: 0151 54638040, info@testbiotech.org